„Lulu“ und die Rettung des Palais Bülow
Von Jens Burmester
Ludwigslust / Lüneburg. Wir schreiben Mittwoch, 9. September 2020 – ein Tag wie jeder andere, doch geprägt von der „Corona“-Pandemie seit mehr als sechs Monaten. Gleichzeitig blickten 32 Oldies der Senioren-Freizeit-Abteilung der Lüneburger SV auf ihrer ersten und letzten Tagesfahrt in die rund 12.000 Einwohner zählende Residenzstadt Ludwigslust („LuLu“ für den Stadtnamen) auf 190 Jahre Kulturgeschichte des Palais Bülow in der Kanalstraße zurück. Eindrucksvoll vermittelte die Familie Norbert und Iris Leithold zusammen mit ihrer Tochter Marie und Christian Klöckner (Freund des Hauses) den Touristen aus der Hansestadt Lüneburg nicht nur die Geschichte des Kaufs dieses historischen Gebäudes vor neun Jahren, Ludwigslust ist auch die deutsche „Hauptstadt“ der Pappmaché-Manufaktur und des Sanddorns. Die Stadt liegt etwa 35 Kilometer südlich der Landeshauptstadt Schwerin am östlichen Rand der „Griesen Gegend“ (Südwesten Mecklenburgs), deren Boden nicht nur sandig sondern auch grau (=griese) ist.
Das „Virus-Dilemma“ ließ einen geregelten Ablauf der 32 Senioren leider nicht zu – nicht zu vergessen die stets lästige Schutzmaske griffbereit. Fritz Juschkus und Manfred Schwenk vom Organisations-Team waren heilfroh, das überhaupt ihre „Truppe“ einen Ausflug machen konnte. Zugleich begrüßte Fritz Juschkus zwei neue Mitglieder, die sich sofort pudelwohl in der Oldiegruppe fühlten. In drei Gruppen erfolgte die Besichtigung des Palais sowie ein Rundgang durch den Schlossgarten des vor 248 Jahren vom Architekten Johann Joachim Busch errichteten Barockschlosses Ludwigslust, die Hauptresidenz von 1763 bis 1837 der Herzöge Mecklenburgs-Schwerins. Spannend, um nicht zu sagen, legendär ist die Ludwigsluster Pappmaché. Der mecklenburgische Herzog Friedrich Franz sparte an allen Ecken und Enden, statt teuren Marmor verwendete er ein Gemisch aus Wasser, Papierfasern und eines Bindemittels, weitere Zusatzstoffe wie Ton oder Kreide wurden verwendet, auch das Palais Bülow profitierte von seiner „genialen Handwerkskunst“.
Während der Führung durch das sagenumwobene Haus der Eigentümerfamilie Leithold hatten einige Oldies sogar die Möglichkeit, selbst Hand anzulegen und eine Pappmaché unter Anleitung von Iris Leithold zu produzieren. Zudem konnte man in den antiken Räumen auch die „Rettung des Hauses“ bildlich verfolgen. Und Norbert Leithold, ein begnadeter Restaurator und Stukkateur, zeigte die kostbar ausgestatteten Zimmer des Palais den Senioren und vermittelte sein Fachwissen.
Nach diesem geschichtsträchtigen Einblick aus der Zeit des Klassizismus knurrte den LSVern der Magen. Im Restaurant des Barockschlosses Ludwigslust nahmen sie in Ruhe zwei verschiedene Gerichte (Wildragout und Lachs) ein und freuten sich auf einen genüsslichen Rundgang durch den Schlossgarten mit Marie Leithold, die sich bestens in der Historie des früheren Lustschlosses und der parkähnlichen Anlage auskennt.
Danach blieb den Oldies noch genügend Zeit, „Lulu“ zu erkunden. Die Schlosstraße mit ihren zahlreichen Geschäften, Cafés und Restaurants lud nicht nur zum Flanieren, sondern auch Entspannen ein. Nach diesen wunderschönen Eindrücken setzte Cheffahrer Klaus Witte seinen knallroten Reisebus um 16.55 Uhr in Bewegung und brachte die 32 gut gelaunten Tagesausflügler unfallfrei in die rund 90 Kilometer entfernte Hansestadt Lüneburg zurück. Während der Tagesfahrt sorgte Annegret Witte dafür, das der Flüssigkeitshaushalt der Senioren gesichert war.
Alles in allem war die „Oldie-Familie“ überglücklich nach so langer Pause endlich wieder eine gemeinsame Tour unternommen zu haben. Schon jetzt freut man sich auf die nächste Veranstaltung, den Kaffeeklatsch am 7. Oktober. Bis dahin heißt es: Ausruhen, Kraft tanken und dann voller Elan bei Kaffee und Kuchen den Smalltalk zu genießen.